"The total fitness company" oder die Idee einer Firmendarstellung, die in Deutschland zu einem vermeintlichen Finanzfiasko enden sollte.
Einige Insider mögen sich noch an "die gute alte Zeit" erinnern, wo die Firma Brummer aus München die Vertretung der einmaligen WEIDER Sporternährungslinie innehatte. 1984 begann Herr Morgenstern mit dem Aufbau des Aussendienstes bei Brummer. Bereits nach zwei Jahren wurde pro Jahr alleine in Baden-Wttbg. DM 3'600'000.- (3,6 Mio.) umgesetzt.
1992 wurde allerdings ein Entscheid getroffen, der heute als "historischer Fehler" in die Geschichte von WEIDER eingegangen ist: Die Trennung WEIDER-BRUMMER. Morgenstern hatte den damaligen Geschäftsführer, Erich Bscher, davor gewarnt, jedoch spielten - wie so oft in der Fitnessbranche "Seilschaften" eine Rolle. In solchen Situationen kann der gesunde Menschenverstand meistens nicht mehr richtig agieren.
Fazit: Bis Ende 1992 war der Name WEIDER allen Fitnessinteressierten in der BRD und dem deutschsprachigem Ausland ein Begriff. Als Medienorgan diente die heute noch existierende Sportrevue.
Die ausländischen Lizenznehmer von WEIDER sahen den Erfolg in Deutschland und rundeten ihr eigenes Sortiment mit Eigenherstellungen - ähnlich wie in Deutschland - ab.
Dies waren Produkte, die hervorragend verkauft, in einem Zug mit dem Namen WEIDER genannt, aber nicht lizenziert wurden. Warum auch, denn nur vom Verkauf der Sportlernahrung und einigen anderen WEIDER-Produkten konnte man schliesslich nicht leben, noch nicht. Ausserdem zahlten die Lizenznehmer ja schon genug: Lizenzgebühren und Royalties, aber vor allem die Eigenwerbung, verschlangen Unsummen. Davon profitierte auch der Name WEIDER. Die Branche wuchs. Diese Tatsache ist natürlich den Beratern von Joe und Ben Weider in Amerika nicht entgangen.
Zur jener Zeit war WEIDER zwar durch die IFBB und Magazine wie Muscle & Fitness und Flex weit über die Grenzen der USA hinaus bekannt, aber Geld verdient wurde nur in den Staaten. Dies beschäftigte die damaligen Chefs der WEIDER Health & Fitness, wie sich WEIDER International bis 1995 noch nannte, erheblich.
WEIDER war bis dahin eine Verschachtelung von Firmen, die von einigen Herren anscheinend selbst nicht richtig durchschaut wurde (unglaublich, da sie es offenbar geschafft haben sollen, sich zu reorganisieren). So waren die Publikationen allein in Joe's Händen. Die Umsätze auf dem inneramerikanischen Markt wurden über Health & Fitness (Salt Lake City) abgewickelt, die sich im Besitz der Familie WEIDER (Joe und Ben Weider) befand.
Alle Umsätze aus Europa unterlagen nur Joe. Innerhalb Europas gab es wiederum einige Verschachtelungen. Benelux, Skandinavien sowie die Schweiz waren dem Büro England unterstellt. In Spanien und im Ostblock, teilweise unter der Obhut von Rafael Santoja aus Spanien, sowie bei den restlichen Ländern änderte sich das Vertriebskonzept sowieso fast jährlich. Zur Krönung muss noch beigefügt werden, dass alles, was sich ausserhalb der USA und Europa tat, über das Büro WEIDER Montreal, also Ben Weider abgewickelt wurde. Das Projekt WEIDER Europa konnte nur im Chaos landen.
1993 wechselte Dieter Morgenstern zur Firma WEIDER Deutschland, denn Brummer durfte nicht mehr WEIDER Produkte anbieten und lancierte inderfolge - wie wir heute alle wissen - mit der "All Stars Sporternährung" und dem Konterfei Arnold Schwarzenegger einen grossen Flop. WEIDER suchte sich auf dem freien Markt einen Berater, der die Geschäfte in Europa lukrativ umgestalten sollte. Dieser wurde in der Person von Jan Kamps (amerikanischen WEIDER Entscheidungsträgern krausen sich heute noch die Nackenhaare, wenn sie diesen Namen hören), einen Holländer, der zwar schon gigantische Erfolge von anderweitigen Firmensanierungen vorweisen konnte, hier aber absolut chaotisches Neuland betrat, das ihm zum Verhängnis werden sollte. Kenner der Fitness-Szene wissen, dass die Uhren unserer Branche anders als in den traditionellen Branchen laufen.
Jan Kamps wurde nun aufgetragen, eine WEIDER Europe Company zu errichten, die "TOTAL FITNESS COMPANY". Die Idee war toll, aber die Ausführung hat nicht nur die meisten redlichen, späteren Mitarbeiter von WEIDER, sondern auch eine Menge Geschäftspartner und Studiobesitzer an den Rand des Wahnsinns getrieben.
Morgenstern prophezeite Kamps einen Umsatz von min. 1. Mio DM pro Monat. Der glaubte dies nicht und prompt waren viel zu wenig Produkte an Lager. Die Folge davon war, dass WEIDER während Monaten nicht richtig liefern konnte. Auch der Geschmack und das Outfit waren nicht so wie abgesprochen. Fehler auf Fehler wurden gemacht, die Ratschläge von Dieter Morgenstern ignoriert. So kam es, wie es kommen musste:
Der Umsatz stürzte ab, weil WEIDER nicht liefern konnte. Grund: WEIDER hatte falsche Köpfe an der Spitze, die nicht aus der Branche waren. Nach der Entlassung von Herrn Kamps war die Reihe an Herrn Preis, ein Manager aus der Automobilbranche. Dies war das Schlechteste, was passieren konnte, denn z.Teil wurde im Lager Personal angestellt, welches der deutschen Sprache nicht mächtig war. Beim Versand entstand ein heilloses Durcheinander.
Nun wurde auch den Lizenznehmern in Europa der Garaus gemacht. Nach und nach wurden erst einmal allen die Verträge gekündigt, oder - im bestem Fall - die Firmen aufgekauft. Gleichzeitig wurde eine WEIDER Europe BV als Zentrale mit Sitz in Rotterdam gegründet, ein Finanzhauptsitz in der Schweiz und jede Menge einzelne Ländervertretungen mit selbständigem Firmenmantel eröffnet:
- Es gab einen europäischen Produktmanager aus England, der weder die Branche noch die vom Verbraucher gewünschten Produkte kannte, und schon gar nicht den deutschen oder z.B. den italienischen Markt.
- Es gab einen Marketing Manager (vielleicht auch mehrere), der in den mittlerweile sechssprachig erscheinenden WEIDER Magazinen Werbung für Produkte schaltete, die es in einigen Ländern noch gar nicht gab, oder unglaubliche rechtliche Probleme für den jeweiligen Geschäftsführer aufwarfen.
Man hatte in den USA nicht bedacht, dass ab 1993 Europa zwar vereint, aber nicht gesetzlich gleichgestellt (vor allem, was das Lebensmittelgesetz betrifft) und somit nicht vergleichbar mit den USA war. Somit wuchsen die Probleme. Mit dem Anmieten einer ganzen Halle an der FIBO 1993 glaubte man nun ganz gross raus zu kommen. Tatsächlich war das Publikum sehr angetan von der gigantischen Präsenz des vermeintlich, uns suggerierten, grössten Fitnesskonzerns der Branche. Der Umsatz muss wahnsinnig gewesen sein, aber wahnsinnig war auch das Erwachen, vor allem das der Studiobesitzer. Hatte doch der gute Produktmanager mit "englischem Zünglein" tonnenweise Sportlernahrung produzieren lassen, die nie ein z.B. deutscher Entscheidungsträger hatte vorher kosten können, um eventuell grösseres Unheil abzuwenden. So wurden Produkte verschickt, die bei weitem nicht den Erwartungen - sprich den gewohnten alten Geschmack zu Zeiten Brummers - entsprachen. Umtauschaktionen waren unvermeidlich. Die Verzweiflung bei WEIDER war und wurde immer grösser.
Einer der deutschen Redakteure von M&F, Bernd Beiderbeck, schrie zu diesem Zeitpunkt seinen Unmut unverhüllt nach aussen. Die Szene lachte über dieses Chaos und die Umsätze gingen weiter zurück. Die internen Probleme wurden immer grösser. Jede Entscheidung, die heute in Europa getroffen wurde, wurde morgen in den USA umgeworfen. Man bewegte sich immer auf der gleichen Stelle.
Die ersten Ländervertretungen wurden geschlossen, Einzelkämpfer traten wieder auf. Es gab nur noch Deutschland, England, Frankreich, Italien, Schweiz und Holland. Spanien war sowieso schon immer eine externe Insel, beherrscht und autonom regiert von Rafael Santonja, das sogenannte dritte Ei von WEIDER.
Nach langem internen hin und her entschloss WEIDER, einen absoluten Insider ins Boot zu holen, der das Ruder herumreissen sollte. Diesen fand man in dem damals noch bei Sporting GmbH beschäftigten und in der Szene als sehr routiniert bekannten Hans Haase. Man wurde sich einig, Herr Haase trat seine Tätigkeit an und krempelte die gesamte Produktpalette um, d.h. für den deutschen Markt zugeschnittene Produkte in hervorragender Qualität und ausgezeichnetem Geschmack.
An der FIBO 1994 präsentierte sich WEIDER mit der neuen Linie "PERFORMANCE". Diese neue Linie war die Rettung für Deutschland und das angrenzende Ausland. Einiges konnte vom verlorenem Markt zurückgewonnen werden. Es herrschte allseits Siegeslaune.
In Amerika indes, stellte Joe fest, dass ihn das Spiel in Europa mittlerweile einige Millionen gekostet hatte und so wurde Jan Kamps, wie bereits erwähnt, entlassen. Doch die Probleme sollten nicht enden. Wöchentlich kamen neue Topmanager aus USA angereist, die allesamt den Europamarkt nicht verstanden. Das Chaos entwickelte sich weiter. Viel Zeit ging verloren und gerade diese Zeit hatte die deutsche Mannschaft nicht. Die Kosten liefen aus dem Ruder und J. Preis, der Geschäftsführer, musste die Notbremse ziehen.
Wieder gab es in den Staaten ein Direktorenmeeting bei dem das "Aus" der WEIDER Deutschland GmbH von Joe angeordnet wurde. Nach dem 30.3.95 gab es WEIDER Deutschland nicht mehr. Mittlerweile hatten sich aber die meisten der anderen Ländervertretungen so sehr an Deutschland gebunden, dass es auch ihnen an den Kragen gehen musste.
Da alle Rechte und Rezepturen der bis dato verkauften neuen Linien Hans Haase gehörten, lag es nahe, dass man eine Einigung fand. WEIDER trat einmal mehr als Lizenznamensgeber auf. Die Produkte wurden durch Hans Haase "Team West Sports" weiter in Deutschland vertrieben (Kenner der Branche werden spätestens jetzt aufhorchen. Das hatten wir doch schon einmal. Lizenznehmer war BRUMMER in München). Haase machte seinen Job mit eigenem Kapital und ohne jegliche Unterstützung von WEIDER ausserordentlich gut.
Die chaotische Einmischung der Amerikaner war indes nicht geringer geworden, jedoch liess sich Hans Haase nicht mehr beirren und ging seinen Weg, um den Namen WEIDER weiter hoch zu halten. An diese ruhige Zeit in Deutschland, in der man wieder an Kontinuität und Qualität der Produkte mit dem Namen WEIDER glauben konnte, hatte man sich inzwischen gewöhnt. Als WEIDER erneut auf bestem Weg war, den alten Ruhm zurückzuerlangen, gab es wieder eine unglaubliche Änderung.
In der Zwischenzeit hatte sich Weider Health&Fitness reorganisiert. Aus Health&Fitness wurde "WEIDER International" und man schickte sich an, an die Börse zu gehen, was auch gelang. WEIDER International wuchs und wuchs (vor allem in den USA wurden hunderte von Million Dollar umgesetzt), man kaufte Firma um Firma. Bald tauchte einmal mehr in Amerika der Gedanke auf:
"Was passiert eigentlich in Europa"? Wieder rauchten die Köpfe der Entscheidungsträger. Hatte man doch glatt vergessen, in Europa einzukaufen. Die damaligen Verluste interessierte niemand mehr. Bedenkt man zudem, dass die Exporteinnahmen von WEIDER, ausserhalb der USA nicht einmal die 10% Grenze überschreiten, sieht man, wie nebensächlich in der Vergangenheit die Probleme der Europäer - und hier im speziellen der Deutschen - Beachtung geschenkt wurde. Heute ist Joe alt, die Verbraucher sind blöd, also los auf Einkaufstour. Nach einigem Suchen ist man denn auch fündig geworden. Die selbsternannte Nr.1 in Europa, Haleko, stand zum Verkauf. Haleko, mit Sitz in Hamburg, eigener Produktionsstätten, im Besitz der Marken: Multipower, Champ, Venice-Beach und Kölbel-Trainingsforschung, wurden kurzerhand aufgekauft. Schon toll, wenn man erkennt, dass eigentlich miteinander konkurrierende Marken aus einem Hause kommen. So wird nun ab sofort die Marke WEIDER von der Trainingsforschung Kölbel vertrieben. Ein Witz, da diese Firma in der Branche - jedenfalls bei den Insidern - als Lachnummer 1 angesehen wird. Eine gewisse Vertriebslogik steckt jedoch dahinter, würde doch niemand einem Halekovertreter der jahrelang gegen WEIDER-Produkte gewettert hat, Glauben schenken, wenn er nun dem Studiobesitzer in der linken Hand, MULTIPOWER und in der rechten WEIDER als absolut beste Produkte Europas anbieten würde. Die Sportanlagenbetreiber sind sicherlich oft überarbeitet und wirken verständlicherweise manchmal ausgepumpt und müde, aber sie sind bei weitem nicht blöd.
Was wird wohl die Zukunft für das Produkt WEIDER im Vertrieb der Kölbel-Trainingsforschung beinhalten? Weiss man eigentlich, was dort genau erforscht wird? Eigentlich wird doch schon alles bei WEIDER Nutritionresearch in den USA erforscht. Wie auch immer, Wolfgang Brandt, GV von Haleko, wird das Schiff schon schaukeln. Er hat es in der Vergangenheit immer wieder bewiesen.
Ach ja, fast vergessen! Hans Haase hat sich dazu entschlossen, all seine Erfahrungen in eine eigene Produktelinie zu stecken. Sie heisst "MEGAFORM" und ist schon jetzt äusserst erfolgreich. Das Produkt avanciert zur Zeit zum Insider Highlight in Deutschland.
Wir jedenfalls wünschen ihm und den vielen ehemaligen WEIDER Landesvertretern weiterhin den Erfolg, der ihnen gebührt.