von Dr. Axel Gottlob
Wohin geht der Trend? Werden die Siegeszüge von Lidl und Aldi, von Saturn und MediaMarkt in der Fitnessbranche fortgeführt? Wie werden sich in diesem Spannungsfeld das inhabergeführte Fitnesscenter, die multifunktionale Sportanlage oder der Gesundheitsclub behaupten? Setzen Ketten wie Holmes Place, Elixia, Injoy, Pfitzenmeier oder Fitness Company auf die richtige Karte oder werden sie langfristig von Preisbrechern wie McFit und Co. verdrängt?
Schon immer haben sich die Fitnessanlagen in ihren Mitgliedsbeiträgen unterschieden, aber noch nie variierten die Preise dermassen. Existierten früher Preisunterschiede von maximal 100%, so klaffen heutige Preise um 1.000% und mehr auseinander. Bezogen auf eine Jahresmitgliedschaft finden sich Monatspreise zwischen 9,90 und 139,- Euro sowie Aufnahmegebühren zwischen Null und 1.200,- Euro.
Die telefonische Standardfrage des Kunden „Was kostet es bei Ihnen?” kann nur noch der lokale Preisbrecher für sich entscheiden. Ganz im Trend von „Ich bin doch nicht blöd!” und „Geiz ist geil!”. Dann müssten die unter 20,- Euro Anbieter schliesslich das Rennen um die Gunst des Kunden unter sich ausmachen. Jedoch! Man möchte Oscar Wilde [1854-1900] zitieren: „Ein Barbar, der von allem kennt seinen Preis und von nichts seinen Wert!”
Insbesondere im Dienstleistungssektor lassen sich die Produkte nicht so einfach nur über den Preis vergleichen. So ist im Restaurant das Produkt „Restaurantbesuch” ja nicht auf die „Magen/Darmfüllung” begrenzt, im Kino nicht auf die „2 Stunden Beflimmerung in dunklem Raum” und im Reisebüro auch nicht auf „2 Wochen Aufenthalt an einem anderen Ort”.
Was bekommt der Fitnesskunde eigentlich für seinen Mitgliedsbeitrag? Hier wird einmal mehr deutlich, dass „Fitness” als Produkt weder quantifizierbar noch standardisierbar ist; ein Vergleich, der wirklich schwer fällt. Der Kunde kann die jeweils angebotene Fitness ja nicht Kilogramm weise bewerten und alle relevanten Faktoren wie z.B. Erfolg-Haben oder Sich-Wohlfühlen erfährt er erst während einer Mitgliedschaft.
Natürlich kann und sollte man die Ausstattung einer Anlage – ihre Hardware und Software – zu Grunde legen. Sicherlich ist es ein Unterschied, ob die Anlage über 60 oder nur über 10 Cardiogeräte verfügt, ob sie 70 oder nur 20 Kraftgeräte besitzt, ob die Geräte hochwertig sind oder funktionelle Fehlentwicklungen geordert wurden, ob es sich um genügend unterschiedliche Trainingsangebote handelt. Existieren Kleingeräte, Hanteln und sonstige trainingsrelevanten Accessoires? Sind Trainer in ausreichender Zahl vorhanden und besitzen sie ein gutes Know-how? Sind sie bemüht, engagiert und kümmern sich um die Mitglieder? Gibt es Kurse; gibt es vor allem gute Kurse? Lädt das Ambiente zum Hingehen und Verweilen ein? Laden auch die Mitarbeiter dazu ein? Sind Duschen und Umkleiden funktionell, angenehm und immer verfügbar oder eher ein Stressfaktor für die Kunden? Usw.
Die Ausstattungen der Anlagen variieren natürlich ganz erheblich. Demzufolge sind die grossen Beitragsunterschiede nachvollziehbar. Wobei anzumerken ist, dass ein hoher Preis nicht automatisch für hohe Qualität stehen muss und ein niedriger Preis nicht immer Minderwertigkeit bedeutet. Manchmal wird die „Marke” mitbezahlt oder man versucht über einen hohen Preis einen elitären Touch zu erzwingen. Ausserdem bedeuten z.B. grosszügige und damit kostenintensive Nass- und Ruhebereiche nur für ganz bestimmte Kunden eine adäquate Wertschöpfung. Unabhängig von diesen Überlegungen ist die Bewertung und Preiswürdigkeit einer Anlage aber mehr noch als die Summe dieser obigen, weitgehend objektivierbaren Fakten. Denn ein Kunde kauft weder die Geräteanzahl noch die Kursmenge, weder den Bodenbelag noch den Wellnessbereich. Vielmehr kauft er die Dienstleistung „Fitnessanlage” als Ganzes und bewertet dieses Produkt allein aus seiner Perspektive. Er ist nur an seinem individuellen Nutzen, an positiven Gefühlen und Erfolgen interessiert. Diese Perspektive variiert natürlich von Kunde zu Kunde ganz erheblich. Die einen erwarten gute Trainingsmöglichkeiten und die anderen wollen sehen und gesehen werden. Ist für den einen die familiäre Wohlfühlatmosphäre wichtig, so steht für den anderen das anonyme Auspowern und Entspannen im Vordergrund.
Anlagen wie z.B. McFit bieten die Möglichkeit für geringes Geld Fitnessmitglied zu werden. Geht es um das reine Training, so kommen die Besucher dabei auch sicherlich auf ihre Kosten. Die Öffnungszeiten sind bestechend und das Kraft- und Cardioangebot meist recht umfangreich. Duschen kostet extra und Trainer fehlen bzw. müssen gebucht werden, aber in vielen anderen Anlagen fehlen diese nach dem Einweisungstermin auch, und wer das reine pure Training sucht, kann schlechtere Geschäfte abschliessen. Diese Anlagen werden ihr Publikum bekommen und so lange ihr Konzept wirtschaftlich tragfähig ist, auch weiter bestehen.
Bei Kieser wird Fitness anders bewertet. Hier ist das Training von aller Kurzweil und Freude befreit und wird als simple Körperhygiene betrachtet. Die immer gegenwärtigen Trainer sind freundlich und bemüht und das eingeschränkte Training des Kunden ist relativ schnell wieder beendet. Die Trainingsphilosophie ist zwar sehr dogmatisch aber der polarisierende Marktauftritt bewirkt, dass Personengruppen angesprochen werden, die in vielen anderen Fitnessanlagen noch nicht akquirierbar wären.
Holmes Place Anlagen wie z.B. das Holmes Place Berlin Gendarmenmarkt bieten wirklich ein schönes Ambiente und alle Facetten eines erfolgreichen Rund-um-Wohlfühl-Clubs. Freundliche und bemühte Trainer, gutes Trainingsangebot, angenehmes Verweilen und clubadäquate Sozialisierungsmöglichkeiten sind bestechende Argumente. Ein hohes Leistungsangebot, das für viele Kunden den geforderten Preis bei weitem rechtfertigt.
Auf der anderen Seite stehen die einzelnen inhabergeführten Anlagen. Was Wohlfühlen, familiäres Umfeld und gute Betreuung angeht, haben sie die stärksten Karten in der Hand. Die Guten unter ihnen kümmern sich wirklich um jeden einzelnen Kunden, bieten ihnen bestes Equipment, achten auf ständig verbessertes Fachwissen und interessieren sich für den Erfolg ihrer Kundschaft. Sie arbeiten mit viel Liebe und Freude an der ständigen Verbesserung ihrer Anlage, motivieren ihre Mitglieder regelmässig und geben ihnen das Gefühl von Geborgenheit und Willkommensein.
Anlagen wie z.B. das Bodystyle in Trier oder das Vitabel in Rödermark bieten in gelungenen Räumlichkeiten und familiärem Umfeld ein auf die Wünsche ihrer Kunden zugeschnittenes Sportangebot. Im Lieser Sports in Ludwigshafen oder im Fitodrom in Wiesloch ist ebenfalls eine herzliche Betreuung allgegenwärtig und der Kunde wird systematisch und intensiv in Richtung seines Erfolgs begleitet. Anlagen wie das Royal Sports in Hamburg bieten ihren Kunden neueste Trends in Sachen gefühlter Kreativität und Ganzheitlichkeit.
Alle genannten Anlagen sind exemplarisch für eine ganze Reihe weiterer guter Anlagen aufgeführt. Demgegenüber stehen jedoch auch leider eine grosse Fülle von Anlagen ohne klares Stärkeprofil, die dahindümpeln, zur Zeit einen schweren Kampf erleben oder mit veränderter Konkurrenzlage bald noch erleben werden. Aber ein momentaner Rückgang ist auch eine Chance sein bisheriges Produkt sehr kritisch und ohne Selbstverliebtheit zu überprüfen. Wer bisher sein Stärkeprofil noch nicht entwickelt hat, ist jetzt gefordert.
Die grossen Anlagen werden die Kleinen nicht fressen! Auch nicht unbedingt die Schnellen die Langsamen! Vielmehr werden die Schlechten, Preisunwürdigen von den Guten, Preiswürdigen verdrängt. Dies trifft zwar in der Wirtschaft nicht immer zu. Oft sind es dort die Lautesten die die Stilleren absorbieren. Aber als Anlage mit festem Einzugsgebiet haben Sie die Chance über mehrere Jahre Ihre Leistung kontinuierlich unter Beweis zu stellen. Auf Dauer kann der Kunde vor Ort entweder direkt beim Besuch oder indirekt durch Hörensagen gute von schlechten Leistungen sehr wohl unterscheiden. In diesem Sinne packen Sie es an! Sie müssen nur und ausschliesslich Ihre Kunden begeistern. Entscheiden Sie sich für Ihre Preisstruktur, und verwässern Sie diese nicht durch unsinnige, selbstzerstörerische Dumpingaktionen. Rüsten Sie sich mit allem aus, was Sie benötigen, um dies optimal leisten zu können und starten Sie durch! Auch in wirtschaftlich schwereren Zeiten ist der Kunde bereit in ein gutes Produkt zu investieren und den angemessenen Preis zu bezahlen.